Ratgeber

Lernstörungen erkennen und behandeln

Gloria Wintermann (gw) · 30.08.2018

pixabay.com/picjumbo_com

pixabay.com/picjumbo_com

"Brautkleid bleibt brautklied und, Rodkraud bleibt rotkraut." Wenn das Lernen nicht so klappt, wie es sollte...

„Nicht allein im Schreiben, Lesen übt sich ein vernünftig Wesen. Nicht allein in Rechnungssachen soll der Mensch sich Mühe machen.“ – so dichtete einst Wilhelm Busch im vierten Streich der beiden Lausbuben Max und Moritz. Doch das Schreiben, Lesen und Rechnen grundlegende kulturelle Fertigkeiten sind, die eine selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erst ermöglichen, weiß jedes Kind spätestens ab dem Schuleingang.

Einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Studie zur Folge, hat fast jedes dritte Grundschulkind in Deutschland in wenigstens einem der drei Fertigkeitenbereiche auffällig schwache Leistungen. Der Volksmund spricht von einer Lernschwäche, die pädagogische Fachwelt von Lernstörung, Teilleistungsstörung oder einer umschriebenen Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten. Wir von Kind+Kegel haben mal genauer unter die Lupe genommen, wann eine Lernstörung vorliegt, was die Diagnose bedeutet und wie Eltern ihre Schützlinge unterstützen können.

Betroffene Kinder sind weder dumm noch faul – Wie erkennt man Lernstörungen? In Deutschland ist derzeit jedes achte Kind von einer Lernstörung betroffen. Die häufigsten Formen sind die Lese-Rechtschreibstörung, die isolierte Rechtschreibstörung, die Rechenstörung sowie Kombinationen daraus. Zentral ist, dass die betroffenen Kinder über eine normale allgemeine Lernfähigkeit, sprich Intelligenz, verfügen. Jedoch weisen diese im Vergleich zu Gleichaltrigen erhebliche und andauernde Defizite beim Lesen und/ oder Schreiben und/ oder Rechnen auf. Die Leistungen in einem individuellen, standardisierten Schulleistungstest liegen dabei weit unter dem, was aufgrund von Alter, Schulbildung und Intelligenzniveau zu erwarten wäre. Zu einer gesicherten Diagnose führt ein Intelligenztest. Neurologische und/
oder sensorische Ursachen wie Hör- und Sehstörungen sollten ebenfalls ausgeschlossen werden.

Lese-Rechtschreibstörung und Rechenstörung auf einen Blick

Generell wird der Verdacht einer Lernstörung dann geäußert, wenn Kinder trotz wiederholten Übens immer wieder ähnliche Fehler machen und deutlich unter den Leistungen ihrer Altersgruppe zurückbleiben. Kinder mit einer Lese-Rechtschreibstörung oder Legasthenie fallen dadurch auf, dass sie beim Vorlesen und Schreiben häufig Buchstaben auslassen, vertauschen oder hinzufügen. Ähnlich klingende Buchstaben werden leicht verwechselt, z.B. k und g. Ihnen fällt lautes Vorlesen meist schwer und sie können das Gelesene nicht ausreichend verstehen. Bei der Rechenstörung
oder Dyskalkulie bestehen u.a. Defizite im Umgang mit Mengen, Zahlen und Rechenoperationen.

Gründe für Lernstörungen

Die Ursachen einer Lernstörung sind so vielfältig wie die Formen selbst. Neben dem Einfluss von erblichen Faktoren, werden auch Umwelteinflüsse und Besonderheiten der Informationsverarbeitung, z. B. Speicherkapazität des Arbeitsgedächtnisses, diskutiert. Bei der Lese-Rechtschreibstörung scheinen z.B. die sprachlichen Anregungen in der Familie, das Klassenklima, der Unterrichtsstil des Lehrers bedeutsam zu sein. Auch neurowissenschaftliche
Faktoren sind bekannt, z. B. bei Dyskalkulie unzureichende Vernetzungen der beteiligten Hirnareale.

Was bedeutet es, eine Lernstörung zu haben?

Betroffene können zusätzlich Begleitprobleme wie Schulunlust bis hin zur Schulangst entwickeln. Nicht selten treten ein niedriges Selbstwertgefühl und Defizite in sozialen Fertigkeiten auf. Die Schulabbruchquote ist deutlich erhöht, ebenso das Risiko für emotionale Probleme wie Ängste und Depressionen. Auch psychosomatische Beschwerden in Form von Kopfoder Bauchschmerzen sind bei betroffenen Kindern bekannt.

Wie können Eltern ihr Kind unterstützen?

Wichtig ist, die Art der Lernstörung zunächst erst einmal feststellen zu lassen, um dann eine frühzeitige Förderung erhalten zu können. Am häufigsten zeichnet sich am Ende der 1. Klasse ab, ob das Kind Schwierigkeiten beim Erlernen schulischer Basiskompetenzen aufweist. Bei den Therapiemöglichkeiten ist es gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Fakt ist, die Fördermethode sollte individuell abgestimmt und wissenschaftlich anerkannt sein. Unterstützung können schulischer/ außerschulischer Förderunterricht, professionelle Therapien (u.a. Ergotherapie, Lerntherapie,
Logotherapie) und inzwischen auch computerbasierte Förderprogramme (u.a. Lautarium, Meister Cody-Talasia,  Calcularis) bieten. Das Kind sollte in der Schule möglichst entlastet werden z.B. durch Zeitverlängerung bei Arbeiten, kurzen, klaren Aufgabenstellungen und positiven Zuspruch für seine Anstrengungen. Gezielte Übungsprogramme für zuhause Der Einsatz sollte möglichst vorher mit einem professionellen Therapeuten besprochen werden.

Lautarium: Ein computerbasiertes Trainingsprogramm für Grundschulkinder mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten
Meister Cody-Talasia: Online-Spiel für Kinder mit Rechenstörung oder Rechenschwäche
Calcularis: Mathematik-Lernprogramm, entwickelt für Kinder mit Rechenschwäche oder Rechenstörung
Weitere Infos beim Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e. V.

 

Das könnte Sie auch interessieren:

Jedes Kind lernt unterschiedlich schnell

Leistungsschwankungen sind normal

Lese-Rechtschreib-Schwäche: vorlesen und mit Kindern sprechen

Sehstörungen bei Kindern rechtzeitig erkennen

Hochbegabung und Lernfrust - Hilfe! Mein Kind ist (k)ein Genie

Tags: Dyskalkulie , Lernschwäche , Lese-Rechtschreib-Schwäche , LRS

Kategorien: Ratgeber

© 2024 Kind + Kegel WORTGEWAND GmbH