Ratgeber

Ist doch alles nur Spaß! – Oder doch nicht?

Kathleen Hänel · 08.04.2022

Illustration: © stock.adobe.com

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‚Ey du Schlampe, es wird Zeit dass du verreckst!‘. ‚Kevin du Missgeburt, alle lachen über dich‘. ‚Chat Klasse 5a ohne Basti-Spasti‘. ‚Du Opfer, schau wie du aussiehst und deine hässliche Mutter ist ne‘ Hure‘. ‚Wir hassen dich, warte nur ab wenn du heute nachhause gehst‘. ‚Ich habe hier ein Foto von Schwuli-Robert, wie er sich auf der Schultoilette einen runterholt, wer will es sehen?‘. ‚Wer kommt mit in die Anti-Ahmet-Chatgruppe?‘.

Seid ihr erschüttert, solche erniedrigenden Worte zu lesen? Diese und ähnliche Beleidigungen, Bedrohungen, Belästigungen und Bloßstellungen haben der JIM-Studie (2021) zufolge 58% der Kinder und Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren in den letzten vier Wochen in sozialen Medien und im Netz lesen müssen. (Cyber-) Mobbing ist kein Spaßkampf, keine Meinungsverschiedenheit, kein Rangeln und Raufen unter Gleichaltrigen - es ist eine absichtliche Verletzung und ein ernstzunehmendes Phänomen, welches in den letzten Jahren durch die verstärkte Verlagerung der Kommunikation über Smartphones, in sozialen Medien (Facebook, Instragram, Tik Tok etc.) und im Netz an neuer Bedeutung und Brisanz gewonnen hat.
Cybermobbing kann verschiedene Formen annehmen: Lästereien und Hassbotschaften an oder über bestimmte Personen oder Gruppen in (Klassen-) Chats, das Hochladen von diffamierenden Fotos oder Videos, das Verbreiten von Unwahrheiten über Personen und ihr soziales Umfeld oder die Familie oder das Erstellen eines Fake-Profils auf Internetplattformen im Namen des Opfers. Dies passiert wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg. Dabei ist Mobbing kein neues Phänomen. Die Ausgrenzung und Bloßstellung von Mitschüler*innen oder Jugendlichen gab es schon immer, vor allem an Schulen oder auf dem Schulweg. Die Opfer fanden dann aber vor allem im eigenen Zuhause noch Schutzräume. Die Täter*innen waren bekannt, man stand sich quasi Auge in Auge gegenüber. Es war bekannt, wer davon wusste und wer sich daran beteiligte. Die Gefahren des Cybermobbings liegen nun aber anders: Die Hemmschwelle für Übergriffe und Schikane im Internet und in sozialen Medien ist deutlich verringert. Oftmals bleiben die Täter*innen anonym und die Angriffe verfolgen die Opfer rund um die Uhr und an jedem Ort. Somit gibt es auch keine Schutzräume mehr vor solchen Übergriffen. Und: Das Internet vergisst nicht. Inhalte von Cybermobbing verbreiten sich rasend schnell und bleiben oftmals jahrelang bestehen. Die Mitleser*innen und der Mittäter*innenkreis ist meist unüberschaubar groß. Die Folgen von Mobbing- und Cybermobbing sind gravierend: Rückzug und soziale Isolation, Leistungseinbrüche, Schlafstörungen, Ängste, Depressionen, Aggressivität, selbstverletzendes Verhalten und Suizidgedanken.

Erste Anzeichen geben auch oft psychosomatische Beschwerden. Das sind Beschwerden wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel ohne körperliche Ursache. Oftmals fühlen sich die betroffenen Kinder und Jugendlichen ohnmächtig und hilflos. Davor beschützen können Eltern die Kinder jedoch nicht – in jedem digitalen Raum kann Cybermobbing auftreten und jeden treffen – auch Lehrer*innen und andere erwachsene Personen, zum Beispiel im Arbeitsleben. Besonders wertvoll ist es, wenn Kinder wissen, dass sie ein offenes Ohr bei ihren Eltern finden ohne befürchten zu müssen, dass ihnen daraus ein Verbot (z.B. Internet- oder Smartphoneentzug) droht.
Bleibt mit euren Kindern im Gespräch und interessiert daran, wie sich Kinder in Chats, Blogs, in Foren und sozialen Medien bewegen. Auch Aufklärung darüber, wie sensibel mit persönlichen Daten, Fotos und Videos im Netz umgegangen werden sollte, kann vorbeugen.

Eine gute Übersicht findet man auf https://www.klicksafe.de/fuer-kinder/. Im schulischen Umfeld der Kinder und Jugendlichen finden sich wichtige Ansprechpartner*innen bei Klassenlehrer*innen und Schulsozialarbeiter*innen, die gemeinsam mit Eltern und betroffenen Kindern und Jugendlichen mögliche (Cyber-) Mobbingvorfälle bearbeiten können.
Auch im Netz selbst gibt es Unterstützung, denn auch für Hilfe braucht es niedrige Hemmschwellen: https://www.juuuport.de/beratung ermöglicht kostenlose Online-Beratung von Jugendlichen für Jugendliche zu Cybermobbing, Hass im Netz, Fake News und ähnlichen Phänomenen.
Das Kinder- und Jugendtelefon 116 111 bietet Beratung am Telefon.

Aktion "Kinder sicher im Netz" (Polizei Sachsen)

Kinder- und Jugendnotdienst Dresden

JugendInfoService Dresden

 

Quellen:

Handbuch von Klicksafe ' Was tun bei (Cyber)Mobbing? Systemische Intervention und Prävention an Schule, Sept. 2021

JIM-Studie 2021, www.mpfs.de

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