Kaleidoskop

Sankt Martin

Martin Krönert · 23.10.2017

Einer der schönsten Bräuche für Kinder ist das Martinsfest, wenn die Kleinen in Scharen mit Laternen in der Hand und singend durch die Straßen ziehen. Doch wer war eigentlich dieser Martin, und was hat das Ganze mit Lampions, der Martinsgans und Fasching zu tun? Diese Fragen beantwortet euch ein Kind + Kegel-Autor, der es wissen muss – ein Martin.

 Die Zeit um den 11. November ist heutzutage eine Art Einstimmungsfest auf die besinnliche Adventszeit, die in vielen katholischen Kirchgemeinden in ganz Europa zu Ehren des Heiligen Martin von Tours begangen wird. Doch auch in manchen evangelischen Gemeinden wird der Tag in Erinnerung an das Taufdatum des evangelischen Reformers Martin Luther gefeiert, der wiederum nach eben jenem Sankt Martin benannt ist. Und dann ist da noch jener andere 11.11., der nicht zufällig auf den Martinstag fällt.

 

Die Geschichte vom heiligen Martin

 

Martin wurde vermutlich als Martinus um 316 als Sohn eines römischen Militärtribuns im heutigen Ungarn geboren und musste, wie viele Jugendliche zu dieser Zeit, schon mit 15 Jahren der römischen Armee beitreten.
Der junge Mann soll laut einer Legende seinen christlichen Glauben erkannt haben, als er im französischen Amiens stationiert war. Im Jahr 336 kam dort an einem kalten Winterabend am Stadttor ein halbnackter Bettler zu ihm, der um eine Gabe bat. Weil Martin zu Pferde unterwegs war und außer seinem weiten Offiziersmantel und seinen Waffen nichts bei sich trug, teilte er kurzerhand den Mantel mit seinem Schwert und überließ dem frierenden Mann eine Hälfte. In der folgenden Nacht erschien Martin dann Jesus Christus mit eben jenem Mantel bekleidet im Traum . Von diesem Tag an bekannte sich Martin zum Christentum und versuchte vergeblich, aus religiösen Gründen den Kriegsdienst zu verweigern. Nach seiner Militärzeit sollte er schließlich zum 3. Bischof von Tours werden. Am 11. November 397 wurde Martin von Tours in einer Lichterprozession mit Laternen und Fackeln beigesetzt und später heilig gesprochen. Nach dem ersten Weltkrieg entwickelten sich aus dieser Geschichte die Lampionumzüge für Kinder, die häufig von einem berittenen Soldaten angeführt werden, der in einem symbolischen Akt der Nächstenliebe seinen roten Mantel teilt.

 

Fasching und die Martinsgans

 

Aber wieso essen wir jetzt Martinsgänse? Gerne wird erzählt, dass Martin von Tours nicht nur ein Menschenfreund, sondern auch ein bescheidener Mann war, der sich nicht für wichtig genug hielt, um Bischof zu werden, wie es das Volk von ihm wünschte. Also versteckte er sich in einem Gänsestall, doch die tierischen Bewohner schnatterten so aufgeregt, dass man ihn fand und doch noch in dieses Amt heben konnte. So schön die Geschichte ist, müssen wir wohl in Wahrheit ins finstere Mittelalter blicken, als Bauern noch Steuern in Form von Nahrungsmitteln an ihre Fürsten und die Lehnsherren ihrer Höfe, Äcker und Weiden zu entrichten hatten. Der Zahltag fiel immer auf das Ende eines bäuerlichen Wirtschaftsjahres, und das wurde von der Kirche auf den 11. November gelegt. An diesem Martinstag wechselten somit häufig auch Gänse den Besitzer, die dann sogleich verspeist wurden. Doch nicht nur reiche Bürger taten dies, auch die Bauern selbst mussten bis zum Wintereinbruch alle verderblichen Lebensmittel aufbrauchen, und so wurde der 11.11. zum Gang vor dem Fasten, dem Fastgang oder heute Fasching. Ein Tag des Schlemmens und Feierns, bei dem sicherlich auch die eine oder andere klassische Martinsgans mit Rotkohl und Klößen aufgetischt wurde.

Der Martinstag ist nicht nur schön anzuschauen, und „seine“ Gans schmeckt auch noch lecker, er hat also auch noch einen bedeutenden geschichtlichen Ursprung. Der kulturelle Einfluss von Martins Barmherzigkeit reicht übrigens bis in die heutige Zeit. Die besagte Mantelhälfte, oder lateinisch
cappella, wurde nämlich nach Martins Tod als Heiligtum an einem Ort verehrt, dessen Name heute stellvertretend für kleine Kirchenräume steht: Die Kapelle.

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