Kaleidoskop

Mein Leben als Teilzeitpapi

Tommy Michel · 29.10.2020

Tommy Michel

Tommy Michel

Wir schreiben das Jahr 2020. Eine Zeit, in der viele Männer wie selbstverständlich Elternzeit in Anspruch nehmen (in Sachsen waren es 2017 immerhin 52 Prozent aller Papas). Das meist nur bei den zwei obligatorischen Vätermonaten bleibt – geschenkt. Das in dieser Zeit oft die Sanierung des Eigenheims vor der gemeinsamen Zeit mit dem neuen Erdenbürger steht – ebenfalls nicht weiter dramatisch.

Eine andere Sache ist immer noch eine klassische Frauendomäne und stößt in der Gesellschaft und bei vielen Arbeitgebern nach wie vor auf Unverständnis: Teilzeitarbeit als Mann. Ich selbst habe bereits mit der Geburt unseres ersten Sohnes mein Arbeitspensum von 40 auf 36 Wochenstunden reduziert, nach dem zweiten Kind ging ich auf 34 Stunden runter. Meine Frau hat eine 85-Prozent-Stelle, sodass wir schon von so etwas wie gelebter Gleichberechtigung sprechen können. Für uns ist dieses Arbeitszeitmodell ideal, da uns so genügend Zeit für unsere Jungs bleibt und auch die Einschränkungen in puncto Gehalt nicht allzu hoch ausfallen. Also alles perfekt? Die Kehrseite der Medaille sind die Sprüche der Kollegen, die mich schon meine gesamte „Teilzeit-Karriere“ begleiten. Von einer Kollegin (im Übrigen selbst Mutter eines schulpflichtigen Kindes) fiel gerne mal der Satz: „Ach, macht der Teilzeitpapi wieder zeitig Feierabend?“. Am Anfang habe ich mich noch über solche Aussagen geärgert, mittlerweile kann ich darüber lächeln. Ebenfalls beliebt: „Früher waren meine Eltern beide Vollzeit arbeiten und es hat funktioniert!“. Das mag sein, aber zu welchem Preis? Ich möchte nicht, dass meine Kinder die letzten in der Kita sind und dann gestresste Eltern vorfinden. Interessanterweise kommen diese Äußerungen vorwiegend von Menschen, die sich den Ausbruch aus einer 40-Stunden-Woche nicht trauen, obwohl es finanziell für sie überhaupt kein Thema wäre. Stattdessen bekommt der Teilzeitpapi lieber einen Spruch gedrückt.

Solltet ihr auch Papa sein und schon häufiger Gedanken an eine mögliche Teilzeit verschwendet haben, dann lasst euch von diesen Nebengeräuschen bitte nicht von eurer
Entscheidung abbringen. Der Entschluss für die Teilzeit war einer der besten in meinem Leben. Fragt am besten direkt in eurer Personalabteilung nach, welche Modelle in eurem Unternehmen möglich sind. Wir nehmen durch ein großzügiges Gleitzeitmodell unseres Arbeitgebers und der Teilzeitarbeit auch gerne mal einen ganzen Tag zusätzlich frei, um einen kleinen Kurzurlaub mit den Kindern zu starten. Dafür lohnt es sich doch, ein Teilzeitpapi zu sein!

Kategorien: Kaleidoskop

© 2024 Kind + Kegel WORTGEWAND GmbH