Kaleidoskop

Damit es nicht wie bei den Hühnern zugeht

PR · 19.01.2022

Ich stand im Hühnergehege auf einem Bauernhof, als mir die Besitzerin erzählte: „Da gibt es etwas, was Hühner immer tun. Immer. Sie mobben sich! Und das geht so: Ein Huhn sucht sich ein Opfer. Es fängt an, dessen Gefieder anzupicken. Die anderen machen mit. Dem Huhn geht es immer schlechter. Aber es zeigt es nicht. Eines Tages stirbt es.“ Ich fragte „Welches Huhn wird ausgesucht?“. Die Besitzerin meinte: „Das schüchternste“.

Kenne ich. Bekomme ich täglich mit in Kitas oder Grundschulen. Sie ergänzt: „Und wenn das Huhn gestorben ist, wird ein neues Opfer gesucht.“ Ich schlucke. Eigentlich weiß ich auch das. Aber irgendwie bin ich trotzdem etwas perplex, dass ich gerade in eine Art Parallelwelt geführt wurde. Der Satz, der mich am wenigsten loslässt, ist, dass das Huhn nicht zeigt, dass es ihm schlecht geht... Ihr fragt euch, warum es sich nicht offenbart? Weil es sich dann noch angreifbarer macht!

Auch Kinder handeln so. Wenn das Opfer den Täter ignoriert und letzterer keinen Spaß mehr an der Sache findet, war das definitiv eine gute Strategie. Was aber, wenn der Täter dennoch weitermobbt? Wollen wir unseren Kindern wirklich beibringen, das alles zu ignorieren? Ich denke nicht. Denn sie sollen auch in Zukunft, sprich an der weiterführenden Schule und später im Berufsalltag sowie privat als Erwachsener, in der Lage sein, zu kommunizieren was sie möchten und was nicht. Sie WISSEN ja, was sie stört, sind also selbstbewusst. Nun brauchen sie noch das Selbstvertrauen, souverän mit ihren Gefühlen umzugehen. Dabei kommt ihr als Eltern ins Spiel, denn ihr habt eine Vorbildfunktion. Hört a) eurem Kind gut zu, nehmt ihre Gefühle ernst statt sie mit einem „Ach, das ist doch nicht so wild!“ abzutun. So kommt nämlich b) ganz automatisch. Dann werden die Jungs und Mädels nämlich weiter mit euch über ihre innere Welt sprechen. Wenn sie wissen, dass ihre Gefühle erlaubt sind, führt dies zu Selbstliebe.
Selbstliebe führt dazu, immer bewusst auf sich zu hören und bringt Kindern die Stärke mit Selbstvertrauen das Gewünschte umzusetzen. Wie man auch tatsächlich zu seinen Wünschen kommt, können Eltern dann mit ihren Kindern besprechen. Die Handlungen sozusagen. Wenn man also evtl. nur Aufmerksamkeit möchte, wie o. g. Huhn, muss man deswegen nicht andere kleinmachen. Weiß ein Kind das, kann es sich wiederum auch in andere besser hineinfühlen. Jedes Kind ist nämlich nicht ständig nur Opfer, sondern auch mal Täter.

KERSTIN KRAYE BIETET:
+ Anti-Mobbing- und Resilienztrainerin an Kitas & Schulen
+ Kindertrainings
+ Pädagogenfortbildungen
+ Einzel-Coaching

https://kraye.starkauchohnemuckis.de

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