Kolumne: Die Einschulungslüge

Bild von Ingrid auf Pixabay.

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Mein Kind ist in der Schule. Ein Schulkind. Ein Erstklässler. Ein I-Männchen und stolz wie Bolle. Für ihn ist es das allercoolste. Fast noch besser als ausnahmsweise mal Cola zu trinken oder eine Extrafolge LEGO-MÄNNCHEN zu gucken, damit MAMA in Ruhe duschen kann. Wobei ich für letzteres eher Videos wie Paw Patrol oder Peppa Wutz empfehlen würde, denn in elf Minuten klappt es mit dem Ausziehen, Abduschen, Einschäumen, Haare waschen, Ausspülen und dem Rasieren beider Beine auf keinen Fall. Aber ein Bein wäre ja für den Anfang auch schon mal ein Fortschritt!

EGAL. Ich habe alles dafür gegeben, damit er sich freut und top motiviert in die Schulzeit startet. Ich habe behauptet, dass ich Schule auch immer super fand (eine Lüge, eigentlich wäre ich zwischenzeitlich lieber Räubertochter oder Pommesbudenbesitzerin geworden, aber meine Eltern hielten es für keine solide Perspektive). Auch meine Praktikumspläne mit 11 Jahren beim Brötchenwagen anzuheuern, der immer diese leckeren Kuchen und Kekse hatte, kam nicht zustande. Das sei nicht das passende für eine Gymnasiastin, hieß es dazu nur. Ätzend, oder? Dabei wollte ich in dem Brötchen-Bomber hinaus in die große weite Welt – oder zumindest raus aus der Provinz und bis in die nächste Kreisstadt. Wer weiß, wo ich heute wäre, wenn es geklappt hätte. Vielleicht wäre ich dann nicht Paula Carlsson, sondern Lady Marmelade oder Madame Butterbrötchen. Klingt doch auch ganz nett, oder? Vermutlich hätte es in jedem Fall mein SPECKDRUM erweitert. 

Aus meiner eigenen Schulzeit sind mir Situationen im Kopf geblieben, in denen ich beispielsweise gerade dabei war im Kunstunterricht ein Clownsgesicht aus Pappe auszuschneiden (es war gerade Februar und Faschingszeit), als mein Tischnachbar Timo sich plötzlich übergeben musste. Meinen Respekt, wie er noch versuchte blitzschnell die Klappe von seinem Schultornister aufzuklappen. KEIN WITZ. Ein wirklich pragmatischer Gedanke, aber das Pausenbrot und die Vanillemilch trafen nur zum Teil den Tornister und der Rest landete knapp neben meinen Schuhen auf dem Fußboden. Da sollte man doch eigentlich meinen, dass einem Rechenformeln, das 1X1 oder hochtrabende Literatur wie Effi Briest oder die Vorstadtkrokodile in Erinnerung bleiben. Stattdessen sind es aber Erlebnisse wie diese. Ein paar Minuten später kam dann auch schon der muffelige Hausmeister aus seinem Kabuff angelaufen und staubsaugte alles weg. ERNSTHAFT. Er hat das WEGGESTAUBSAUGT. Irgendwie ekelhaft und schon fast ein bisschen brillant. Vielleicht sollte ich auch beim nächsten KOTZANFALL der Kinder darüber nachdenken. Weiß jemand, wo es so ein Teil zu kaufen gibt? Wenn ja, sagt mir bitte Bescheid. Ich hätte gerne auch so eins. 

Bei meinem Sohn gab es bisher noch kein Erlebnis dieser Art. Dafür aber bei der Einschulung höchst interessante Momente, die mich zum Nachdenken angeregt haben. Ich persönlich war ja so naiv und habe mich auf Aussagen anderer Mütter verlassen wie „Wir machen nichts Großes daraus. Nur eine kleine Sache!“ Wie klein diese Sache dann tatsächlich sein sollte, wurde mir klar, als ich im Einschulungsgottesdienst saß und ein paar hysterische OH GOTT, MEIN KIND IST SCHON SO GROSS Tränen verdrücken musste. Denn dem FIRLEFANZ nach zu urteilen, der dort von manchen Eltern veranstaltet wurde, braucht ein Kind an diesem Tag nicht nur Selbstbewusstsein, Spaß und eine tolle Schultüte, sondern auch einen Fotografen, eine eigene Menüfolge und eine topgestylte Mutter, die nur eine kleine Sache aus allem machen wollte und für diese minikleine Pupssache sogar eigene Blumenbouquets hat stecken lassen. Entschuldigung, aber für mich ist das wirklich kein kleines Püpschen, sondern – um bei dem Bild zu bleiben – eher ein wirklich sehr pompöser FURZ. Die Gestecke waren dann aber doch nicht für den Gruppentisch der 1c, sondern für die Festtafel zuhause. An solchen Anlässen frage ich mich immer: Bin ich eine schlechte Mutter? Mit meinen durchgebastelten Nächten, der Radiergummi und Süßigkeitenfüllung und dem gewöhnlichen Tagesmake-Up kam ich mir schon fast ein bisschen unvorbereitet vor.  

Aber: Dem Kind hat es gefallen. Check! Sehr gut! Auch ohne eigenen Haus- und Hof-Fotografen.  

Jetzt ist er ein richtiges Schulkind. Aber, liebe Mamas und Papas, bald sind eure kleinen Mäuse nicht nur Erstklässler, sondern auch Lese-Könige. Und die können dann alles mitlesen und entziffern. Falls ihr dann noch geheime Sachen besprechen wollt, sollte es in den ersten beiden Jahren noch mit Englisch funktionieren. Danach rate ich zu ausgefalleneren Sprachen wie Mandarin oder einer sehr unleserlichen Handschrift.  

Paula Carlsson · 03.06.2024


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