Ratgeber

Erdmieten im Spätherbst

Kathrin Muysers (km) · 01.11.2023

Vielleicht wart Ihr schon einmal in einem dieser alten Häuser, deren Keller ein Apfelgeruch durchzieht? Keine Angst, hier geht's nicht um einen Halloween-Spuk. Sondern um ein Geheimnis, das schon die alten Römer kannten, und das jetzt, im Zuge der Nachhaltigkeit, wieder entdeckt wird.

Winterquartier für (Wurzel-)Gemüse

Vielleicht wart Ihr schon einmal in einem dieser alten Häuser, deren Keller ein Apfelgeruch durchzieht? Zu Zeiten, als es noch keine Kühlschränke gab, waren diese kühlen, leicht zugigen Gemäuer der ideale Aufbewahrungsort für Lebensmittel wie Eier, Zwiebeln und eben auch Äpfel.

Denn in Gewölbekellern aus Klinkermauerwerk und Lehmböden herrscht zum einen die nötige hohe Luftfeuchtigkeit von ca. 85 (!) Prozent, zum andern ausgeglichene Temperaturen zwischen 2°C und 6°C. Und es ist dunkel, so dass Reifungsprozesse verhindert oder verlangsamt ablaufen.

Und obwohl heutzutage ein Kühlschrank zur Grundausstattung gehört, bleibt dies eine simple, clevere, stromsparende Methode, um Vorräte dann zu kaufen, wenn sie saisonal und regional verfügbar sind, um dann über Wochen und Monate davon zu zehren. Moderne Häuser haben jedoch oft so gut isolierte und überdies beheizte Keller, dass sich diese fürs Einlagern nicht eignen.

Erdmieten im Spätherbst anlegen

Dennoch muss niemand auf diese zeitlose Technik der Vorratshaltung verzichten, der über einen Garten oder zumindest einen Balkon verfügt. Denn dort kann man sich ganz leicht eine sogenannte Erdmiete bauen, in der Gemüsevorräte über Monate, auch bei Frost, frisch bleiben und je nach Bedarf entnommen werden können. Alles, was es dafür braucht, ist ein Erdloch, welches zum Schutz gegen Nager ausgekleidet und abgedeckt wird. Diese sogenannten Erdmieten sollte man allerdings jetzt, im Herbst anlegen, ehe der Boden durchgefroren ist, sonst könnte das Ausheben mühsam werden.

Vergräbt einer eine Waschtrommel oder: Upcycling im Garten

Ganz Gewiefte machen aus ihrer Erdmiete ein Upcycling-Projekt und vergraben dafür alles von Regentonnen, ausrangierten Waschmaschinentrommeln bis hin zu tatsächlichen Kühlschränken oder -truhen, die – natürlich ohne Stromanschluss – ins Erdreich eingelassen werden.

Wer keinen Garten sein eigen nennt, kann sich auch auf dem Balkon oder der Loggia eine Erdmiete anlegen. Hier eignen sich z. B. alte Waschzuber aus Zinn oder große Emailleschüsseln, wie man sie bisweilen auf Flohmärkten findet. Und so geht's: Den Boden mit feuchtem (!) Sand füllen, eine Lage Vorräte ordentlich darauf ausbreiten und wieder eine Lage Sand drüber. Dies so lange wiederholen, bis der Behälter voll ist. Die letzte Schicht sollte wieder aus Sand oder auch Humus bestehen.

Schildchen statt Scharren

Mein Tipp aus eigener, leidvoller Erfahrung: Schildchen mit einem Hinweis aufs Lagergut helfen später bei der Orientierung, wenn man nicht bei Minusgraden blindlings wie ein Maulwurf zwischen Kartoffel und Kohlkopf herumtasten möchte.

Wer mit wem in der Gemüse-WG

Und es gibt noch einen weiteren Grund, darauf zu achten, wer mit wem in der Gemüse-WG kuschelt: Ethylen. So heißt das Reifegas, das bestimmte Obstsorten beim Reifen abgeben und damit anderen Lebensmitteln ganz schön Beine machen. Schon unsere Großeltern wussten, dass man Äpfel nicht neben Kartoffeln legt, weil diese sonst in Nullkommanix diese gruseligen Triebe ausbilden.

Und was hat es nun eigentlich mit dem merkwürdigen Namen Erdmiete auf sich? Das ist abgeleitet vom lateinischen Wort „meta“, was Kegel bedeutet. Noch heute schütten Bauern bisweilen ihre Ernte wie z. B. Zuckerrüben in Form riesiger Kegel an den Feldrand. Und diese Kegel heißen heute noch „Mieten“.

Einen bunten Winterspeiseseplan wünscht

Kathrin (km).

Kleines Einmiet-Einmaleins

Wichtig: Vor dem Einmieten sollte man sicherstellen, dass die Lebensmittel einwandfrei sind. Sonst greifen Schädlinge wie Würmer oder Fäulnis auf den Rest des Lagerguts über. Frostempfindliches und winterfestes Gemüse sollte man getrennt einmieten.

  • Äpfel: deren Einlagerung ist eine Wissenschaft für sich, denn so manche Apfelsorte braucht Wochen oder gar Monate, ehe sie ihr volles Aroma entfaltet. Zur Lagerung empfehlen sich neben Stiegn auch sogenannte Horden, also spezielle Lagerregale.
  • Kartoffeln: dürfen nicht zu kalt lagern, sonst wandelt der Frost die in ihnen enthaltene Stärke in Zucker.
  • Karotten, Pastinaken und Wurzelpetersilie: mögen es, wenn man sie möglichst direkt nach der Ernte mitsamt ihrem Grün in einen Tontopf mit Sand steckt – nur das Grün bleibt unbedeckt. Man simuliert ihnen dadurch, sie steckten noch im Schoß von Mutter Erde, was ihnen augenscheinlich gefällt. Zur Entnahme einfach die gewünschte Menge herausziehen.
  • Kohl – egal, ob Rot– oder Weiß sollte unbedingt trocken sein, ehe man ihn in Zeitungspapier wickelt. Man kann ihn auch mit einer Stricknadel am Strunk durchlöchern, einen Strick durchziehen und an einem Balken oder Ähnlichem aufhängen.
  • Süßkartoffeln: sind köstlich und gesund, aber leider auch teuer, was den Kauf auf Vorrat sinnvoll macht. Doch die Diven unter den Knollen werden gerne matschig und dürfen weder zu warm noch zu kalt lagern.
  • Aubergine, Paprika und Tomate: sind, wie viele mediterranen Gemüse, ziemlich wasserhaltig. Das Einmieten eignet sich für sie nicht. Wohl aber das Frischhalten über Wasser in einem nicht zu warmen Raum: dafür einen Topf mit etwas Wasser füllen, ein Sieb darauf, das das Wasser nicht berührt, und die Früchte im Sieb so lagern, wie sie auch am Strauch wachsen. Die Kondensation hält die Früchte frisch. Das Wasser alle paar Tage wechseln.

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